All
Quiet on the Western Front
(Im Westen nichts Neues)
nach Erich Maria Remarques Roman Im Westen nichts Neues (1928/29)
USA 1979;
Marble Arch Productions
Originallänge: 128 Min.; Fernsehversion 155 Min., Farbe
Regie: Delbert Mann; Produktion: Norman Rosemont; Buch:
Paul Monash; Kamera: John Coquillon; Schnitt: Alan Pattillo; Musik:
Allyn Ferguson
Darsteller: Richard Thomas (Paul Bäumer), Ernest Borgnine (Katczinsky),
Donald Pleasance (Kantorek), Ian Holm (Himmelstoß), Patricia Neal (Mutter
Bäumer), Mark Elliott (Behm), Dai Bradley (Albert Kropp), Mathew Evans
(Müller), George Winter (Kemmerich), Dominc Jephcott (Leer), Mark Drewry
(Tjaden), Colin Mayes (Westhus), Ewan Stewart (Detering), Michael Sheard (Herr
Bäumer), Katerina Lirova (Pauls Schwester), Mary Miller (Frau Kemmerich), Denys
Graham (Kaiser), Marie Noelle-Barre, Dominique Varda, Arda Brokmenn
(französische Mädchen), Mark Roemmich (Duval), Bruce Puchase (Koch), Drahomira
Fialkova (Schwester Libertine), Veronika Jenikova (Anna), Ken Hutchinson
(Hammacher), Stephen Reynolds (Franz), Ian Hastings (Lewandowski)
Erstaufführung: 14. November 1979
Deutsche Erstaufführung (TV): 1. September 1983
Autorin
der Erläuterungen auf dieser Seite: Mia-Sophie Völler
Der
Film basiert auf dem Roman Im Westen
Nichts Neues von Erich Maria Remarque. In den ersten paaren Minuten wird
die Ausgangssituation geschildert, welche durch Bombenangriffe und Schüsse
eingeleitet wird. Die Handlung setzt sich fort mit der Darstellung der
Ereignisse auf dem Schlachtfeld, an dem sich die zweite Kompanie, zu der auch
Katczinsky und Paul Bäumer gehören, befindet. Die Protagonisten Paul Bäumer und
seine Freunde haben gemeinsam die Schule besucht. Der Lehrer der Jungen ist ein
Befürworter des Krieges und ermutigt sie, geschlossen als Klasse von 1916 an
die Front zu gehen. Nach dem Schulabschluss gehen sie gemeinsam an die
Soldatenschule, wo sie in zehn Wochen lernen sollen, Soldaten zu sein. Unter
der Leitung von Unteroffizier Himmelstoß, der die Jungen gnadenlos ausbildet.
Die Absolventen der Soldatenschule sind stolz, ihre Ausbildung erfolgreich
abgeschlossen zu haben und endlich an die Front zu dürfen. An der Front lernen
sie Katczinsky kennen, der bereits seit einiger Zeit an der Front ist und zur
zweiten Kompanie gehört. Er lehrt die Jungen, dass sie ihr theoretisches Wissen
aus der Ausbildung nicht anwenden können, sondern lernen müssen, was es
bedeutet, wirklich an der Front zu sein. Es stellt sich eine gewisse Routine
ein: ein paar Tage an der Front, ein paar Tage Pause, in denen man darüber
philosophiert, was man machen würde, wenn der Krieg vorbei wäre. An einem Front-Tag
stürzt Paul Bäumer in einen Bombentrichter. Kurz darauf fällt ein Franzose in
den Trichter. Paul Bäumer ersticht den Franzosen. Anschließend wird ihm
bewusst, dass er den Franzosen nicht getötet hätte, wäre er ihm als Mensch
begegnet. Er hat ihn getötet, weil er ihn als Feind wahrgenommen hat. Dennoch kehrt
er zu den übrigen Soldaten zurück und nimmt wieder seinen Platz ein, während
der Kaiser das Eiserne Kreuz an einige Soldaten verteilt. Im weiteren Verlauf
des Geschehens wird Paul Bäumer verwundet und wie sein Kamerad Albert in einem
katholischen Krankenhause untergebracht. Bäumer erholt sich, jedoch muss das
Bein seines Kameraden Albert amputiert werden. Aufgrund seiner Verwundung wird
Paul Bäumer beurlaubt und kehrt in seine Heimat zurück. Die Mutter ist
gesundheitlich angeschlagen, während der Vater nur noch seiner beruflichen
Tätigkeit nachgeht. In der Annahme, die Lage an der Front sei weniger prekär
als sie tatsächlich ist, neigen viele dazu, die Situation zu beschönigen. Im
Anschluss besucht Paul seinen Lehrer und berichtet ihm von den Geschehnissen an
der Front sowie von den Verwundungen, die er und seine Kameraden erlitten haben.
Bei seiner Rückkehr an die Front stellt Paul fest, dass die Soldaten, die an
die Front geschickt werden, noch immer Kinder sind. Die jungen Soldaten
verfügen über keine nennenswerten Erfahrungen und erweisen sich stattdessen als
Belastung. Der Film endet mit dem Tod von Paul Bäumer, der im Schützengraben
versucht, einen Vogel zu zeichnen, den er gesehen hat. Dabei erhebt er sich zu
weit aus dem Graben und wird getroffen.
Der
Regisseur Delbert Mann orientiert sich an dem Roman von Erich Maria Remarque, Im Westen nichts Neues. Der Film
orientiert sich an der Erzählreihenfolge des Romans und macht an einigen
Stellen einen Rückblick. Der Roman ist einer der berühmtesten Klassiker der
Antikriegsliteratur. Der Film wurde 1979 von ITC-Entertainment produziert und
ist als Fernsehfilm konzipiert. Er wurde innerhalb von 41 Tagen in der
Tschechoslowakei gedreht und hat ca. 6–8 Millionen Dollar gekostet. Für die
Produktion wurden ca. 7 Tonnen Sprengstoff verwendet. Diese Menge verdeutlicht
im Film die Lärmkulisse des Krieges und die dramatischen Zustände an der Front.
Er thematisiert die individuellen Erfahrungen der Soldaten während des
Einsatzes und beleuchtet die daraus resultierenden Konsequenzen für die
Betroffenen, den harten Drill in der Ausbildungskaserne und das Leben an der
Front. Außerdem wird auf die Familie und deren Leben während des Krieges
eingegangen. Paul Bäumer gehört an der Front zu den Soldaten, die mit der
Situation besser klarkommen, und trotzdem lässt ihn das ganze Geschehen nicht
unberührt. Paul Bäumer verliert nicht nur Kameraden, sondern auch Freunde.
Außerdem erkennt er in der Trichter-Szene die Abscheulichkeit des Krieges, da
er den Feind nach einiger Zeit nicht mehr als solchen ansieht, sondern bemerkt,
dass dieser ein Mensch ist mit einer Persönlichkeit, genau wie er und alle
anderen Soldaten an der Front. Den Zuschauern wird das harte Leben an der Front
nahegebracht und was die Figuren alles erleiden müssen. Der Film ist dramatisch
und strotzt vor Patriotismus und Siegeswillen, aber auch vor Ernüchterung und
Sehnsucht. Die Hauptrolle des Paul Bäumers übernahm Richard Thomas, welcher
durch seine Rolle als John-Boy aus der Serie Die Waltons bekannt ist. Die Waltons waren als typisch
amerikanische Familie bekannt und somit hatte Richard Thomas schon ein Image
bei den Zuschauern. Sie kennen ihn als »Vorzeige-Amerikaner« und als solcher
geht man an die Front. Ernest Borgine, ein berühmter Schauspieler der 1970er
Jahre, spielte Katczinsky, den Soldaten, der schon an der Front war, als Paul
Bäumer und seine Schulkameraden ankommen. Er ist für die Gruppe eine väterliche
Figur. Er kümmert sich um die Jungen und erklärt ihnen, wie es wirklich an der
Front aussieht und wie man an eine Extraration Nahrung kommt.
Unterschiede
zur Verfilmung von 1930
Die
beiden Filme unterscheiden sich im Produktionskontext insofern, dass der erste
Film von Universal Pictures produziert wurde und für die Kinos angedacht war,
während der zweite Film von ITC Entertainment produziert wurde und sich an das
Fernsehpublikum richtete.
Im
Hinblick auf den Stil unterschieden sich die beiden Filme: Der erste Film ist
eine Schwarz-Weiß-Verfilmung, während der zweite Film ein Farbfilm ist. Die
technischen Mittel in den 1930er Jahren waren begrenzt, dennoch ist die erste
Verfilmung einer der ersten Tonfilme, und die Kampfszenen wurden durch lange
Kamerafahrten und neue Schnitttechniken realisiert. In den 1970er Jahren hatte
man schon mehr technische Möglichkeiten und nutze für den Film die neuen
Techniken der Kameraarbeit und Spezialeffekte, um die Szenen möglichst
realistisch aussehen zu lassen. Zu dem Special-Effekt-Team gehörten 30 Leute,
darunter ausgebildete Leute für Sprengungen.
Die
Verfilmung von 1930 betont sehr stark die Antikriegsthematik und die Desillusionierung
der Soldaten. Der Film wurde zu einer Zeit veröffentlicht, zu der die
Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg noch frisch waren, während die zweite
Verfilmung zu einer Zeit produziert wurde, in der das Bewusstsein für die
Schrecken des Krieges aufgrund des Vietnamkrieges wieder gestiegen war. Es
herrschte ein hohes Bedürfnis in der Gesellschaft, den Krieg zu reflektieren
und zu schauen, welche Rolle die USA in den internationalen Konflikten
spielten. Um die 1970er war die Antikriegsbewegung im Aufschwung, insbesondere
durch den Widerstand gegen den Vietnamkrieg. Außerdem beeinflussten die
Spannungen des Kalten Krieges die Bevölkerung. Es existierte ein Bewusstsein
und eine verbreitete Angst vor einem möglichen neuen Krieg, was die Rezeption
von Antikriegsliteratur und die von Antikriegsfilmen begünstigte. Außerdem
konnten sie durch das Fernsehen viel mehr Menschen erreichen. Die 1970er waren
politisch geprägt durch Friedensbewegungen, Debatten über Abrüstung und
internationale Zusammenarbeit. Der Film reflektierte diese Diskussion und trug
zur allgemeinen Forderung nach Frieden bei und rief die Lektionen aus der
Vergangenheit wieder auf, die dann neu bewertet und in den zeitgenössischen
Kontext gebracht werden konnten.
Ziele
der Produktion:
Das Ziel
der Produktion war es, das Leben an der Front schonungslos darzustellen und die
damit verbundenen psychischen und physischen Leiden der Soldaten. Die
Neuverfilmung zielte darauf ab, die Geschichte von Paul Bäumer einem neuen
Publikum zugänglich zu machen, dem Fernsehpublikum.
Preise/Erfolge/Rezensionen
Im
Jahr 1980 wurde der Film mit dem Golden Globe für die beste Filmproduktion für
das Fernsehen ausgezeichnet. Des Weiteren wurde der Film mit dem
Primetime-Emmy-Award für den besten Schnitt ausgezeichnet. Im Jahr 1980 wurde
er in folgenden Kategorien für den Emmy nominiert: Die Auszeichnungen für die
künstlerische Leitung gingen an John Stoll und Karel Vacek. Die Regie wurde von
Delbert Mann gestaltet. Martin Starger und Norman Rosemont wurden für das beste
Drama-Special geehrt. Roy Whybrow erhielt den Preis für die beste individuelle
Leistung, Ernest Borgnine wurde als bester Nebendarsteller ausgezeichnet und
Patricia Neal erhielt den Preis für die beste Nebendarstellerin. Trotz der
Nominierungen und Auszeichnungen erlang der Film von 1979 nicht den Bekanntheitsgrad
wie der von 1930. Das lag vor allem daran, dass der Film in einer Zeit ins
Fernsehen kam, die politisch nicht so umstritten war. Außerdem wurde er nicht
verboten. Durch das damalige Verbot des Films von 1930 erlangte dieser noch
mehr Aufmerksamkeit. Kritik gab es seitens des Lexikons des internationalen Filmes, welches urteilte, dass die
Intensität nicht an den ersten Film oder den Roman rankomme, er dennoch ein
sehr eindrucksvoller Antikriegsfilm sei. Der Drehbuchautor hat sich fast
ausschließlich an den Originalzitaten aus dem Roman orientiert. Die New York Times sagte: »Feinfühliger,
tief eindrucksvoller und in vieler Beziehung spektakulärer Film.«
Zusammenfassend
lässt sich sagen, dass die Neuverfilmung von Im Westen nichts Neues aus dem Jahr 1979 unter der Regie von
Delbert Mann die Schrecken des Krieges durch die schonungslose Darstellung der
Geschichte von Paul Bäumer und seinen Kameraden eindrucksvoll vor Augen führt.
Die Verfilmung bleibt dem Roman von Erich Maria Remarque treu und vermittelt
durch die realistische Darstellung der Kriegsbedingungen und der menschlichen
Schicksale eine starke Antikriegsbotschaft. Die filmische Umsetzung profitiert
von den neuen technischen Möglichkeiten der 1970er Jahre, die die Grausamkeit
und Intensität der Schlachtfeldszenen noch deutlicher hervortreten lassen.
Trotz
zahlreicher Auszeichnungen und positiver Kritiken erreichte der Film nicht die
große Aufmerksamkeit wie die erste Verfilmung von 1930. Dennoch leistete er
einen Beitrag zur Antikriegsliteratur, insbesondere zur Filmgeschichte in der
Zeit der Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg und den Spannungen des Kalten
Krieges, die zu dieser Zeit aktuell waren.
Weiterführende Literatur
Thomas F. Schneider.
»The Two ›All Quiets‹. Representations of modern warfare in the film
adaptations of Erich Maria Remarque’s Im
Westen nichts Neues«. Marzena Sokołowska-Paryz, Martin Löschnigg
(eds.). The Great War in Post-memory.
Literature and Film. Berlin, Boston: de Gruyter, 2014 (Media and Cultural
Memory 18), 109–120.
Bastian Hefendehl. »Literatur und Krieg – -Erich
Maria Remarques Im Westen nichts Neues.
Gegenüberstellung von Roman und Film im Hinblick auf Gewaltdarstellungen und
deren Wirkung«. Examensarbeit 2007.
Pascal
Zeuner. Remakes und Mehrfachverfilmungen am Beispiel von »Im Westen nichts
Neues«. München: GRIN [Hauptseminararbeit, Internetveröffentlichung], 2007,
31 pp.
David Swoboda. »Parallelen und Unterschiede der
Filme Im Westen Nichts Neues und Wege zum Ruhm. Eine vergleichende
Analyse von Spielfilmen zum ersten Weltkrieg«. Graz: Karl-Franzens-Universität,
2021.
Rezensionen
Fm.
»Die Westfront steht im Osten. Delbert Mann verfilmt in der CSSR Im Westen
nichts Neues«. Badische Neueste Nachrichten (Karlsruhe), 232,
06.10.1979 [R-A 9.12.005].
Fm.
»Im Westen nichts Neues. Remarques berühmter Antikriegs-Roman kommt
wieder auf die Leinwand«. NOZ, 21.02.1980 [R-A 9.12.011/001].
Lewin, David. »Remaking All Quiet on the Western Front for TV«. New
York Times (New York), 11.11.1979, S.31 [R-A 9.12.007].
Kroneberg,
Eckart. »Remarque«. Der Tagesspiegel (Berlin),
03.08.1989 [R-A 9.12.1.001/000/000/001].
O’Connor, John J. »TV: All Quiet on the Western Front«. New York Times (New
York), 14.11.1979 [R-A 9.12.008].
Schenk,
Ralf. »Im Westen nichts Neues«. Film und Fernsehen, 11, 1984 [R-A
9.12.014].
Scholz,
Ulrich. »Nur die Bibel wurde mehr gelesen«. Bild am Sonntag
(Hamburg), 19.08.1979, S.56-57 [R-A 9.12.004].
Stange, Claude Richard. »Maikäfer flieg.. !«.
Basler Magazin (Basel, CH), 3, 17.01.1981, S.9 [R-A 9.12.012].
Tsch.
»Die Schrecken des Krieges«. PZ Pirmasenser Zeitung (Pirmasens),
14.05.1992 [R-A 9.12.1.001/000/007].